„Höre!“, spricht die Stressmacherin in gütigem Tonfall mit dem Verlagshund, „ich gehe jetzt was einkaufen. Ich habe nämlich kein Hundefutter mehr für dich. Du bist einstweilen bitte ein braver Hund und wartest im Gartenhäuschen auf mich! Hast du das verstanden?“
„Wuff!!“, antwortet Cosmo, stresserprobter labradorianischer Verlagsmitarbeiter, in äußerst verständigem Tone.
Die Stressmacherin schnappt wohlgemut ihre Einkaufstasche und begibt sich zur Tür.
Ebenso wohlgemut springt der Hund in den Garten und freut sich darauf, dass jetzt die Spielestunde beginnt.
„Moment!“, mahnt die Stressmacherin nun streng-gütig. „So nicht. Jetzt wird nicht gespielt. Ich geh was einkaufen! Das mach ich ja auch extra nur für dich!“
„Wuff???“, Cosmo zeigt sich äußerst verständnislos.
„Pass auf! Du willst doch was fressen oder?“, fragt nun die fast-nlp-geschulte Verlagsleiterin listig.
“ Wuff!!!“, bestätigt der mit allen Vertriebsleiter-Wassern gewaschene Hund. (Der Hund teilt seine Zeit nämlich sonst mit dem Vertriebsleiter des Verlags und ist nur im Nebenberuf im Verlags-Inkasso tätig.)
„Siehst du, deshalb bleibst du brav hier und dann bring ich dir auch ein feines Leckerli mit!“, erklärt wieder mitfühlend gütig die Stressmacherin und verfrachtet den Hund mit engelhafter Geduld zurück ins Haus. Zur Bestechung schüttet sie ein paar Leckerlie auf den Boden und nimmt sich vor, mit dem verachtenden Blick des Vierbeiners zu leben.
Etwas später im Supermarkt.
Die Stressmacherin strebt gezielt und ohne Umschweife die Reihe mit der Hunde-Ernährung an. Zufällig kommt sie beim Obst vorbei. „Ohhh – Wassermelone in gelber Farbe innen! Das muss ich probieren!“ Kurz danach: „Ob das schmeckt – vegane Putenschnitzel? Na, bin fortschrittlich und offen – muss ich probieren.“ Es folgen allerlei höchst interessante Angebote. „Das ist toll! Das ist toll!“, freut sich eine eventuell rasch beeindruckbare Verlagsleiterin und packt nicht-dickmachende-fettreiche-Chips, garantiert fischfreie Fischfilets, schlank-machende Speckteigwaren, unbedingt benötigte Super-sauber-Küchenreiniger-ohne-Anstrengung ein. Und schließlich noch „Hoppla-wenn-du-mich-nicht-mit-nimmst-wird-dir-was-fehlen-sonstige“-Produkte. Das macht aber nichts, weil zufällig hat sie eine große Tasche dabei.
So, nun aber: Deshalb ist sie ja da: Hundenahrung. „Oooooch – also die Hunde heutzutage! – Was nehm ich da?“ Superproteinreiche Hundesnacks? Kleine-Auch-wenn-du-nicht-da-bist-hab-ich-meinen-Spaß-Ablenkungs-Knochen? Schildkrötenfutter? Nein – Moment mal, das gehört hier nicht hin. Aber da: „Wolfshunds Lieblings-Super-Snack aus echtem Fisch! Das klingt doch gut?“ Oder „Premium-super-günstig-aber-hochwertig-Fertig“-Leckerli? Das schmeckt ihm sicher.
Und das alles – höchst stressmacherinnenoptimiert – in zwei Minuten. Siehst du – reicht ja, wenn man alles rasch im Überblick hat.
Etwas später: Der Einkaufswagen ist voll, der Hund wird sich einen Hunde-Haxn (Hundebein für deutsche Mitleser) ausfreuen.
Die Stressmacherin ist hochzufrieden mit sich. Der Hund wird sie lieben, ewig beschützen und natürlich vielleicht darüber ein Buch schreiben. Na gut. Vielleicht lässt er schreiben …
„Siehst du, lieber Hund!“, spricht die Stressmacherin nach ihrer Rückkehr wieder gütig und belehrend. „Es hat sich ausgezahlt, dass du gewartet hast. Jetzt gibt es Futter.“
„Wuff!“, brüllt der Hund erfreut. „Wuff! Wuff“ „Wuff!“ – so viel Bestätigung aus tierischem Mund … hm. Maul – das bestätigt. Grandiose Hundebetreuerin. Vertriebsleiter wird seine Freude haben wegen optimaler Hundebetreuung. Aufopfernde.
„So“, spricht die Stressmacherin siegesgewiss und richtet die Ausbeute schön auf dem Tisch an. „Da haben wir: Truthahn-Leckerli auf Mainzer Art, Fisch-Snack nach Wolfshund á la Norwege, Spitzen-Schmacki-auf Wienerisch. Und dann noch hier, das ganz normale Futter für den Abend …“
Der Hund schaut hoffnungsvoll.
Der Hund schaut vorwurfsvoll.
Die Stressmacherin sucht nach dem Futter für den Abend. Knabbert ein bisschen an der gebratenen Melone und dem rohen Welsfilet…
Der Hund schaut weiter vorwurfsvoll.
Undankbare Töle …